Vulkanausbrüche: Wie sie das Klima verändern können
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Rauch und Asche quellen aus dem Krater des Vulkans auf der Insel La Palma.
© Quelle: Emilio Morenatti/AP/dpa
Meterhohe dunkle Rauchschwaden erfüllen über La Palma den Himmel, als am vergangenen Sonntag auf der Kanareninsel der Vulkan Cumbre Vieja ausbricht. Zahlreiche Menschen müssen sich in Sicherheit bringen, weil hinabfließende Lava ihre Häuser zu zerstören droht. Auch fünf Tage nach dem Vulkanausbruch ist die Situation vor Ort weiterhin angespannt. Das Vulkanologie-Institut der Kanarischen Inseln warnt vor weiteren Lavaströmen, giftigen Gasen, Vulkanasche und saurem Regen.
Dass die Eruption zu klimatischen Veränderungen führt, wie es schon bei früheren Ausbrüchen anderer Vulkane der Fall gewesen ist, hält Joachim Wassermann hingegen für unwahrscheinlich. „Dafür ist der Ausbruch zu klein“, sagte der Seismologe vom Geophysikalischen Observatorium der Ludwig-Maximilians-Universität München dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Zudem sei die Lava zu dünnflüssig. Das bedeutet: „Es kommt zwar zu Lavafontänen, aber bei dem Vulkanausbruch werden nicht viele Gase freigesetzt.“
Tambora-Ausbruch sorgt 1816 für ein „Jahr ohne Sommer“
Vor allem ein von Vulkanen herausgeschleudertes Gas ist für Klimaveränderungen verantwortlich: Schwefeldioxid. Bei starken, explosiven Vulkanausbrüchen kann das farblose Gas bis in die Stratosphäre, also in circa 50 Kilometer Höhe, gelangen. Dort reagiert es mit Wasser, sodass sich Sulfataerosole bilden. Diese reflektieren Sonnenlicht und sorgen so dafür, dass die Erdoberfläche und die untere Atmosphäre – auch Troposphäre genannt – abkühlen. „Bildlich gesprochen wird der Erde eine Sonnenbrille aufgesetzt, durch die nicht mehr genügend Licht einfallen kann“, erklärt Wassermann. Die Folge: Auf der Erde kommt es zu einem Temperaturrückgang.
Dieses Phänomen zeigte sich beispielsweise nach dem Ausbruch des Tamboras im Jahr 1815. Als damals der Vulkan auf der indonesischen Insel Sumbawa eruptierte, sank im Folgejahr die globale Durchschnittstemperatur. Das hatte in weiten Teilen der Erde – unter anderem in Europa und den USA – chaotische Wetterverhältnisse und Missernten zur Folge. In die Geschichte ging das Jahr 1816 als „Jahr ohne Sommer“ ein.
Auch heute sei ein derartiger Vulkanausbruch, der gleichzeitig das Klima beeinflusst, möglich. „Das sind aber eher Jahrhundertereignisse“, macht Seismologe Wassermann deutlich. Das Problem ist: Niemand kann vorhersagen, wie viele Mengen an Schwefeldioxid bei einem Vulkanausbruch freigesetzt werden. Auch wie sich das Gas global in der Atmosphäre verteilt, lässt sich im Vorfeld nicht prognostizieren.
Erst in der Stratosphäre hat Schwefeldioxid einen Klimaeffekt
Damit ein Vulkanausbruch klimatische Veränderungen bewirkt, müssen die Mengen an Schwefeldioxid in jedem Fall bis in die Stratosphäre gelangen. Das heißt, es ist eine große Explosivität notwendig. Nur in 50 Kilometern Höhe könne sich das Gas festsetzen, zirkulieren und damit einen globalen Klimaeffekt verursachen, so Wassermann. Mehrere Monate könne Schwefeldioxid in der Stratosphäre verbleiben. In der Troposphäre würde das Gas hingegen durch Regen aus der Atmosphäre entfernt werden. Vulkanologinnen und Vulkanologen sprechen dann von trockener Deposition, besser bekannt als Ascheregen.
Die Eruption in La Palma dürfte vor allem lokale und regionale Folgen nach sich ziehen. Insbesondere die Lavamassen haben die Insel verwüstet. Etliche Häuser sind unbewohnbar, Wälder stehen in Flammen. Expertinnen und Experten vermuten, dass die Nachwirkungen des Ausbruchs bis zu 84 Tage dauern könnten.