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Was ein 17.000 Jahre alter Stoßzahn über das Leben eines Mammuts erzählt

So könnte das Mammut zu seinen Lebzeiten ausgesehen haben.

So könnte das Mammut zu seinen Lebzeiten ausgesehen haben.

Fairbanks. Aus der Analyse eines Stoßzahns haben Forschende die Lebensgeschichte eines Wollhaarmammuts rekonstruiert. Der Bulle lebte während der letzten Eiszeit vor gut 17.000 Jahren in Alaska, verließ im Alter von etwa 16 Jahren seine Herde, streifte weiträumig durch die unvergletscherten Teile der Region und starb mit etwa 28 Jahren, vermutlich an Hunger. Die Lebensphasen des Tiers beschreibt das Team um Matthew Wooller von der University of Alaska in Fairbanks im Fachblatt „Science”.

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Über die Lebensweise von Wollhaarmammuts (Mammuthus primigenius), die über Hunderttausende von Jahren Eurasien und später auch Nordamerika bewohnten, ist bislang wenig bekannt. Die Art starb vor etwa 13.000 Jahren auf dem Festland aus – auf manchen arktischen Inseln erst einige Jahrtausende später.

Fast zwei Meter langer Zahn

Um die Lebensgewohnheiten zu ermitteln, analysierte das Team um Wooller nun einen 17.100 Jahre alten Stoßzahn, der in Alaska nördlich des Polarkreises entdeckt worden war. Dazu schnitten sie den 1,7 Meter langen Zahn der Länge nach auf und studierten die verschiedenen Schichten, die eine Art chronologisches Archiv des Tiers bilden. „Vom Moment ihrer Geburt bis zum Tag, an dem Mammuts sterben, führen sie ein Tagebuch, das in ihren Stoßzähnen aufgezeichnet ist”, sagt der Paläontologe und Koautor Pat Druckenmiller.

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Denn im Lauf des Lebens lagern die Tiere mit der Nahrung aufgenommene Elemente wie etwa Strontium (Sr) in die stetig wachsenden Stoßzähne ein. Entlang des Zahns untersuchten die Forschenden die Verhältnisse verschiedener Atomvarianten – sogenannter Isotope – zueinander, vor allem das von Strontium 87 zu Strontium 86. Diese Signaturen sind für bestimmte geografische Regionen typisch.

Wo sich das Mammut aufhielt

Um die regionalen Strontium-Signaturen zu ermitteln, untersuchten die Forscherinnen und Forscher Kleintiere mit geringem Aktionsradius aus verschiedenen Teilen von Alaska und Nordkanada. Daraus erstellten sie dann eine Karte der Strontium-Werte. Durch den Abgleich der Stoßzahnanalyse mit dieser Karte ermittelten sie dann jene Regionen, in denen sich das Mammut im Lauf seines Lebens aufhielt.

Insgesamt ermittelte das Team vier Lebensphasen des Bullen: Die ältesten zehn Zentimeter des Stoßzahns deuten darauf hin, dass das junge Mammut sich bis zum Alter von etwa zwei Jahren in der Yukon-Niederung im Inneren Alaskas aufhielt.

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Bulle verließ mit 16 Jahren die Herde

Die nächsten 75 Zentimeter entsprechen dem Alter bis 16 Jahren und zeigen, dass das Tier in dieser Zeit noch immer im Tiefland von Alaska zwischen zwei Gebirgszügen lebte, der Brooks-Kette im Norden und der Alaska-Kette im Süden. In dieser Region unternahm es nun aber ausgedehnte Wanderungen vor allem in Nord-Süd-Richtung. Zu jener Zeit sei das Jungtier noch bei seiner Herde gewesen, vermuten die Forschenden. Denn heutige Elefanten bilden stabile matriarchale Gruppen, die mit ihrem heranwachsenden Nachwuchs umherziehen.

Im Alter ab etwa 16 Jahren dehnte der Bulle seinen Lebensraum erneut deutlich aus. Möglicherweise verließ er mit Erreichen der Geschlechtsreife seine Herde und streunte alleine oder mit anderen Bullen umher – ähnlich wie das auch heutige Elefanten tun.

Stoßzahnanalyse: Forschende rekonstruieren Mammutleben.

Stoßzahnanalyse: Forschende rekonstruieren Mammutleben.

Mammut starb jung

Die letzten 1,5 Lebensjahre – die etwa 10 Zentimetern des Stoßzahns entsprechen – beschränkte sich das Tier schließlich auf ein Areal nördlich der Brooks-Kette. Dort starb der Bulle im Spätwinter oder Frühjahr vermutlich an Hunger. Das schließt das Team aus einem plötzlichen Anstieg des Stickstoff-Isotops 15 und einem gleichzeitigen Abfall des Kohlenstoff-Isotops 13. Mit 28 Jahren erreichte der Bulle kein hohes Alter. Wollhaarmammuts konnten Experten zufolge mehr als 50 Jahre alt werden.

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Der Spätwinter als wahrscheinliche Jahreszeit des Todes – ermittelt durch einen Rückgang des Sauerstoff-Isotops 18 – war vermutlich ohnehin eine kritische Phase für Mammuts. Darauf deuten den Forschenden zufolge auch Analysen von Mammutüberresten auf der Wrangel-Insel und der Region Tschukotka in Nordostrussland hin.

„Ordentliche Strecken zurückgelegt“

Die Stoßzahnanalyse liefert zwar reichlich Erkenntnisse zum Leben des Mammutbullen, lässt aber noch Fragen offen: „Es ist nicht eindeutig, ob er jahreszeitliche Wanderungen unternahm, aber er hat ordentliche Strecken zurückgelegt”, sagt Wooller. „Er hat während seines Lebens viele Teile Alaskas besucht, was ziemlich erstaunlich ist, wenn man bedenkt, wie groß die Region ist.”

Sollten Wollhaarmammuts auch während der endenden Eiszeit weite Wanderungen unternommen haben, schreiben die Forschenden, so seien sie in der wärmer werdenden Umwelt zunehmend mit Problemen konfrontiert worden. Denn in der anfangs durch Gräser dominierten Kältesteppe breiteten sich allmählich Wälder und Sümpfe aus. Hinzu kam die Bedrohung durch Raubtiere – und vor allem durch den Menschen, der sich zu jener Zeit auf dem amerikanischen Kontinent ausbreitete.

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