Wohin mit dem ganzen Weltraummüll?
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Das computergenerierte Bild der European Space Agency (ESA) zeigt Weltraummüll früherer Weltraummissionen.
© Quelle: ESA/dpa
Bald heißt es wieder: Mensch auf Mond. Das „Artemis“-Programm bereitet sich auf den ersten astronautischen Flug zum Mond vor, auch China plant bis zum Ende des Jahrzehnts eine Reise zum Erdtrabanten. Das macht Vorfreude! Und wirft Fragen auf: Denn wer kümmert sich da oben eigentlich um den ganzen Müll? Schon jetzt gilt für den Weltraum: unendliche Weiten, ziemlich viel Müll.
Weltraummüll ist nur wenige Millimeter groß
Weltraumschrott, oder Space Debris, besteht aus nicht mehr funktionsfähigen Satelliten, ausgedienten Raketenstufen und einer Vielzahl von kleineren Fragmenten, die bei Kollisionen oder Explosionen eben dieser entstehen.
In den vergangenen Jahrzehnten sammelten sich diese Teilchen in der Umlaufbahn unseres Planeten an. Hier umkreisen sie mit hohen Geschwindigkeiten die Erde und können selbst bei einer Größe von wenigen Millimetern massive Schäden anrichten, wenn sie mit aktiven Satelliten oder Raumfahrzeugen kollidieren – und dabei noch mehr Schrott erzeugen.
TIRA überwacht den Weltraumschrott
Die Müllabfuhr jedoch kommt selten. So verschwindet der Weltraumschrott nicht von allein, sondern schätzungsweise mehr als 8000 Tonnen umkreisen mittlerweile die Erde. Ein dauerhaftes Risiko für Mensch und Maschine bei ihrer Reise durchs All.
Zwar gibt es Überwachungssysteme wie zum Beispiel das TIRA (Tracking and Imaging Radar), ein hochmodernes Radarsystem, das von der Fraunhofer-Gesellschaft in Wachtberg betrieben wird. Dieses Radar und ähnliche Einrichtungen identifizieren und verfolgen Tausende von Weltraumobjekten, um Kollisionsvermeidungsmanöver für Satelliten und Raumfahrzeuge zu planen. Notfalls auch kurzfristig. Wie zum Beispiel während der Mission von ESA-Astronaut Matthias Maurer im Jahr 2021, als eine russische Rakete gezielt einen seit 1982 ausgedienten Satelliten abschoss – die nachfolgende Trümmerwolke wurde für diese Übung in Kauf genommen.
Unternehmen arbeiten an Müllvermeidungsstrategien
Ist die Vermüllung des Alls denn nicht verboten? Aktuell nicht. Auch wenn das Problem Weltraumschrott nicht neu ist, gibt es noch keine internationale Lösung. Dabei hatten die Raumfahrtagenturen bereits in den 1960er Jahren die Herausforderungen einer zunehmenden Verschmutzung des Orbits erkannt. Geregelt ist aber bislang nur, welcher Staat haftet, wenn durch Weltraumschrott Schäden entstehen. Aber Müll zu verursachen ist erstmal nicht verboten – erst recht nicht für Unternehmen und einzelne Personen.
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Seit einigen Jahren werden Strategien und Technologien zur aktiven Beseitigung von Weltraumschrott erforscht. Durch gezielte Manöver, Netze oder Greifarme könnten Trümmer aus dem Orbit entfernt oder gezielt in die Erdatmosphäre abgeleitet werden, wo sie verglühen würden. Müllabfuhr deluxe!
Doch wie auch auf der Erde gilt fürs All: Müll einsammeln ist gut, Müll vermeiden ist besser. So kann schon bei der Gestaltung von Raumfahrzeugen und Satelliten auf möglichst wiederverwendbare Komponenten oder leicht abbaubare Materialien geachtet werden. Auch der Einbau von Technologien zur Vermeidung von Kollisionen sowie für einen kontrollierten Absturz nach Ende der Mission ist hilfreich.
Tüten auf dem Mond
Und wie sieht es auf Mond und Mars aus? Schon jetzt ist auf dem Mond nach dem „Apollo“-Programm einiges zurückgeblieben: Der ikonische Fußabdruck und die amerikanische Flagge wurden stilsicher durch 96 kleine, sorgsam zugeknotete Tüten ergänzt. Tipp zum Inhalt: Hunde waren zwar schon im All, aber noch nicht auf dem Mond. Diese stellen zwar keine Kollisionsgefahr dar (und fairerweise auch keine Geruchsbelästigung), dennoch besteht dieses menschliche Abfallprodukt zu mehr als 50 Prozent aus Bakterien.
Im Zuge des „Artemis“-Programms soll untersucht werden, ob Mikroorganismen unter diesen Bedingungen all die Jahre überleben konnten – auch, um zu verstehen, ob durch diese etwas andere Form von Weltraummüll die Oberfläche von Himmelskörpern wie Mond und Mars kontaminiert werden könnte.
Womöglich muss also Astro-Alex bei seinem ersten Mondspaziergang erst mal im Dienst der Wissenschaft eine Runde Tüten aufsammeln. Immerhin: Das kann man auch hervorragend auf der Erde üben.
Insa Thiele-Eich ist Meteorologin und forscht an der Universität Bonn an den Zusammenhängen zwischen Klimawandel und Gesundheit. Seit 2017 trainiert sie im Rahmen der Initiative „Die Astronautin“ als Wissenschaftsastronautin für eine zweiwöchige Mission auf der Internationalen Raumstation – und wäre damit die erste deutsche Frau im All. Sie ist Mitglied im Stadtrat von Königswinter für die Königswinterer Wählerinitiative. Hier schreibt sie alle zwei Wochen über Raumfahrt, den Klimawandel und die faszinierende Welt der Wissenschaft.