Justiz im Norden ist überlastet
Guten Morgen!
Wer gegen Gesetze verstößt, muss sich dafür verantworten - im Zweifel vor Gericht. Soweit die Theorie. Die Realität sieht in Schleswig-Holstein allerdings mitunter anders aus. Bei den Staatsanwaltschaften fehlt so viel Personal, dass vermehrt Verfahren eingestellt werden müssen.
Richter schlagen Alarm und warnen davor, dass die aktuelle Situation in Teilen den Rechtsstaat gefährde. Bleibt die große Frage: Was will das Land dagegen tun? Antworten darauf gibt es hoffentlich heute im Landtag.
Thema des Tages
Justiz schlägt Alarm: Verfahren dauern immer länger
Ministerin Kerstin von der Decken (56, CDU) muss sich an diesem Donnerstag im Landtag zur Lage der Justiz erklären – und die ist nach Einschätzung von Fachleuten alles andere als rosig. In der umfangreichen Antwort auf eine große Anfrage der FDP-Landtagsfraktion hatte ihr Haus unter anderem einräumen müssen, dass sich aktuell allein die Asylverfahren an den Verwaltungsgerichten im Schnitt über 13,4 Monate in die Länge ziehen (2015 waren es noch 10,5), an Oberverwaltungsgerichten sogar über 17,6 Monate (2015 waren es gerade mal 2,8).
Auch die Staatsanwaltschaften sind demnach unterbesetzt: Hier fehlt mindestens ein Fünftel des Personals, was zur Folge hat, dass vermehrt Verfahren eingestellt werden: Im vergangenen Jahr waren es 88,5 Prozent.
„Die Arbeitsbelastung der Justiz ist in Teilen rechtsstaatsgefährdend“, sagt nun Michael Burmeister (62), Direktor am Amtsgericht Ahrensburg und Erster Landessprecher der Neuen Richtervereinigung. Einer der Hauptgründe sei die digitale Umstellung, an der zwar kein Weg vorbeiführe, die aber technisch noch nicht gut funktioniere. Kolleginnen und Kollegen seien dauerüberlastet. Der FDP-Innenpolitiker Bernd Buchholz (63), selbst Jurist, schlägt die Hände überm Kopf zusammen. „Wir drohen an einer Überlastung der Justiz zu scheitern.“
Vertretungslehrkräfte in SH: Bildungsministerin Stenke schießt vier Millionen Euro nach
Für Bildungsministerin Dorit Stenke (64, CDU) war es kein ganz leichter Vormittag. Sie musste sich am Mittwoch bei einer Aktuellen Stunde im Landtag von Schleswig-Holstein dafür verantworten, dass der Fonds für Vertretungslehrkräfte zwischenzeitlich ausgeschöpft war. Stenke will jetzt vier Millionen Euro nachschießen und einen Teil des Geldes aus dem Startchancenprogramm umschichten, das noch nicht vollständig abgerufen wird. Was den Chef des Bildungsausschusses Martin Habersaat (48, SPD) besonders wurmt: Die Ministerin hatte vergangene Woche zwar CDU und Grüne über die Misere informiert, SPD, FDP und SSW aber außen vor gelassen.
Landtag will Northvolt-Sonderbericht
Das Northvolt-Debakel erhitzt weiter die Gemüter. Der schleswig-holsteinische Landtag hat mit Stimmen der Opposition und bei Enthaltung der Koalition den Landesrechnungshof um einen Sonderbericht gebeten. Darin soll unter anderem geklärt werden, ob die Landesregierung Chancen und Risiken beim Bewilligen der Wandelanleihe verantwortungsvoll abgewogen hatte und das Parlament umfassend informiert wurde.
In der Debatte am Mittwoch im Landtag ging es hitzig zu. Insbesondere FDP-Wirtschaftspolitiker Bernd Buchholz (63) lief zur Höchstform auf, lieferte sich ein Rededuell mit CDU-Politiker Lukas Kilian und warf der Landesregierung vor, keine Verantwortung für das Desaster rund um die Batteriezellenfabrik zu übernehmen.
Medikamente: Warum die Dosis für Frauen oft zu hoch ist
Ein sechsjähriges Kind bekommt weniger Fiebersaft als ein 15-Jähriger. Total logisch, oder? Doch warum soll eine Frau, die 55 Kilogramm wiegt, bei Schmerzen genauso viel Ibuprofen nehmen wie ihr Ehemann, der 30 Kilo schwerer ist?
Weil bei Studien zur Wirksamkeit von Medikamenten Frauen stark unterrepräsentiert sind. Die Folge: Patientinnen erhalten oft eine zu hohe Dosis und leiden deshalb häufiger unter Nebenwirkungen. Gender-Mediziner aus Schleswig-Holstein fordern, dass in den Beipackzetteln nach Geschlecht differenziert wird. Doch konkrete Bestrebungen in diese Richtung gibt es bislang nicht.
Probeabstimmung
Sollte bei den Dosierungsanweisungen für Medikamente zwischen Männern und Frauen unterschieden werden? Machen Sie mit bei unserer Umfrage. Das Ergebnis präsentieren wir Ihnen in unserem Newsletter morgen.
Stimmen Sie hier abWahrzeichen in Gefahr: Ist das Lübecker Rathaus einsturzgefährdet?
Im Foyer des Lübecker Rathauses sind Rostschäden an tragenden Teilen festgestellt worden. Das berichteten Experten des Gebäudemanagements der Hansestadt in dieser Woche dem Bauausschuss.
Die Situation im Gebäudemanagement ist schwierig. Dem Bereich fehlen Mitarbeiter und Geld, um sich um alle 900 Gebäude zu kümmern, die der Hansestadt Lübeck gehören. Dazu zählen auch die Schulen.
Im Rathaus ist nun ein Bereich abgesperrt worden. Welche Arbeiten notwendig sind, dazu wollte sich die Stadtverwaltung bis Redaktionsschluss aber nicht äußern.
Protokollnotiz
In Schleswig-Holstein ist ein neues Internetportal mit Fortbildungsangeboten für Ehrenamtliche an den Start gegangen. Das Informationsportal buergerakademie.engagiert-in-sh.de gibt nach Angaben des Landesverbandes der Volkshochschulen einen landesweiten Überblick über Schulungen, Workshops und Fortbildungen zu Themen wie Recht, Vereinsarbeit, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sowie Qualifikationen für Jugendleiter. Das Sozialministerium fördert die Bürgerakademie mit 20.000 Euro.
„Ehrenamtliche sind eine unverzichtbare Stütze unserer Gesellschaft und unserer Demokratie. Wir wollen sie so gut wie möglich unterstützen und das Ehrenamt weiter stärken“, sagte Sozialstaatssekretärin Silke Schiller-Tobies (52, Grüne). Zum Start sind 17 Anbieter vertreten, künftig sollen zwischen 50 und 100 Fortbildungsangebote im Portal verfügbar sein.
Köpfe
Schlagzeilen über Schleswig-Holstein
PROBEABSTIMMUNG: IHR VOTUM
Termine am 24. Juli
In dieser Ansicht können leider nicht alle Inhalte korrekt dargestellt werden.
Zur vollständigen AnsichtVox Populi
Unser Artikel über den früheren Besitzer des Airports in Lübeck hat Sie gestern am meisten interessiert. Hier noch einmal zum Nachlesen: Flughafen Lübeck: Insolvenzverfahren gegen früheren Besitzer beendet
Wir wünschen Ihnen einen schönen Donnerstag. Bis morgen, Ihre
Grit Petersen
Sie haben Themen, Informationen, Dokumente, zu denen Sie eine Recherche für sinnvoll erachten? Oder sonstige Anregungen, wie wir diesen Newsletter für Sie noch wertvoller machen können? Wir freuen uns über Post von Ihnen an politikinschleswigholstein@rnd.de.