Kompromiss scheint möglich

Die Schuldenbremse-Debatte in der Union geht gerade erst los

Verfechter einer Reform der Schuldenbremse und sein parteiinterner Gegner: Kai Wegner, Oberbürgermeister von Berlin (r.), steht neben dem CDU-Parteivorsitzenden Friedrich Merz im Konrad-Adenauer-Haus (Archivfoto).

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner will nicht lockerlassen. „Meine Haltung ist bekannt: Ich halte eine Reform der Schuldenbremse für dringend erforderlich, um die notwendigen Zukunftsinvestitionen zu gewährleisten“, sagt der CDU-Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Ohne eine solche Reform können wir die großen Herausforderungen unserer Zeit etwa beim Klimaschutz nicht bewältigen.“

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Die CDU-Spitze ärgert sich schon länger über Wegners Vorstoß. Aus ihrer Sicht kommt die Debatte zur Unzeit. In weiten Teilen der Unionsbundestagsfraktion stellt man sich die Frage, warum man der Ampel bei der Haushaltsaufstellung aus der Patsche helfen solle. Außerdem seien CDU-Wählerinnen und CDU-Wählern solide Staatsfinanzen wichtig, heißt es.

Doch Wegner ist mit seiner Forderung nicht allein. Die Ministerpräsidenten Daniel Günther aus Schleswig-Holstein und Reiner Haseloff aus Sachsen-Anhalt sehen ebenfalls Reformbedarf. Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst, der hessische Regierungschef Boris Rhein und Michael Kretschmer aus Sachsen zeigten sich offen.

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Uneinigkeit in der Ampel

Für eine Reform der Schuldenbremse ist eine Grundgesetzänderung nötig und damit eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag. SPD und Grüne fordern sie seit Langem, die FDP lehnt sie strikt ab. Sollte sich die Ampelkoalition einigen, müsste die CDU zur Erreichung der notwendigen Stimmen mitziehen. Parteichef Friedrich Merz und sein Generalsekretär Carsten Linnemann wollen aber hart bleiben. „Wir halten an der Schulbremse fest“, sagte Linnemann diese Woche in Berlin. Er sehe auch keinen Spielraum für Reformen.

Der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), nennt die Schuldenbremse eine „Form der Selbstbeschränkung“. Sie sei kein „Wellness-Instrument“, sagt er und zeigt sich misstrauisch gegenüber der eigenen Partei. Ohne Schuldenbremse würde auch eine unionsgeführte Bundesregierung neue Schulden machen, so Frei.

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Die Länder sind allerdings in einer anderen Situation, für sie zieht die Schuldenbremse engere Grenzen. Sie dürfen unabhängig von der Wirtschaftslage grundsätzlich gar keine neuen Schulden machen, während der Bund einen gewissen Spielraum hat. Das wissen auch die Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion, in der es eine Offenheit gibt, den Ländern mehr Spielraum zu geben.

Es gibt eine Kompromisslinie

Als gangbarer Weg wird nach RND-Informationen aus Unionskreisen die Einführung einer sogenannten Konjunkturkomponente auch für die Länderhaushalte angesehen, die im Abschwung das Aufnehmen von mehr Schulden ermöglichen würde. Die Länder haben diese Möglichkeit nicht, auch weil sie das so wollten. Aus Sicht einiger Unionsabgeordneter ist das eine mögliche Kompromisslinie, weil weitere Schulden dann lediglich die Länderhaushalte beträfen. Ob die Länder mitgehen würden, ist derzeit unklar.

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Wegner will nun weiter Unterstützung sammeln. „Ich führe viele Gespräche, auch im Kreise der Ministerpräsidenten, und werbe für die Reform der Schuldenbremse“, sagt der Regierungschef. „In den Ländern gibt es eine große Zustimmung und die Bereitschaft, für Zukunftsinvestitionen die Schuldenbremse zu reformieren.“ Am Ende der Gespräche soll nach Plänen von Wegner eine Bundesratsinitiative eingebracht werden.

Spätestens zum Bundestagswahlkampf dürften CDU und CSU eine gemeinsame Linie finden wollen. Andernfalls würde die FDP die Unklarheit im Wahlkampf ausspielen können. In der CDU ist man sich ohnehin bewusst, dass früher oder später eine Reform notwendig wird. Spätestens dann, wenn die CDU nach einer gewonnenen Bundestagswahl die Regierung führt.

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