Handelskrieg zwischen Washington und Peking

Warum Milliarden-Gebühren für chinesische Frachter besonders Griechenland treffen

Ein Frachtcontainerschiff in Hongkong am Tsing Yi Frachtterminal.

Athen. China hat sich im vergangenen Jahrzehnt zur größten Schiffbaunation der Welt entwickelt. Bis in die 2010er Jahre dominierten japanische und südkoreanische Werften den Markt für Frachtschiffe. Seither gewinnen chinesische Werften immer mehr Marktanteile. Hauptgründe sind Preisvorteile durch staatliche Subventionen und attraktive Finanzierungskonditionen der chinesischen Staatsbanken. Nach Angaben der amerikanischen Handelsbehörde USTR hatten chinesische Schiffbaubetriebe an der weltweiten Produktion von Containerschiffen noch 1999 einen Anteil von nur fünf Prozent. Inzwischen sind es fast 70 Prozent.

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Während der Schiffbau in China boomt, erleben die US-amerikanischen Werften einen Niedergang. Die US-Regierung will nicht länger tatenlos zusehen. Chinesische Schiffe sollen künftig für jedes Anlaufen eines US-Hafens mit Gebühren in Millionenhöhe belastet werden. Das sieht ein Entwurf der Handelsbehörde USTR vor. Die Pläne waren noch von der Biden-Administration in Auftrag gegeben worden. Über ihre Umsetzung muss jetzt Präsident Donald Trump entscheiden.

Griechische Reeder haben die größte Handelsflotte der Welt

Die geplanten Gebühren können bis zu 3,5 Millionen Dollar pro Anlauf betragen. Sie gelten für chinesische Reedereien, aber auch für Reeder aus Drittländern, die in China gebaute Schiffe betreiben. Branchenexperten schätzen, dass 43 Prozent der Handelsschiffe, die im vergangenen Jahr US-Häfen angelaufen haben, von den geplanten Zahlungen betroffen wären. Bei den Autotransportern wären es 68 Prozent, bei den Containerschiffen sogar 83 Prozent.

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Besonders hart träfe es die griechischen Reeder. Sie kontrollieren etwa ein Fünftel der globalen Tonnage und besitzen damit die größte Handelsflotte der Welt. Stark sind die Griechen vor allem in der Tankschifffahrt, ihrer traditionellen Domäne seit den Tagen der legendären „Tankerkönige“ Aristoteles Onassis und Stavros Niarchos.

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Onassis ließ seine ersten Supertanker nach dem Zweiten Weltkrieg noch in Bremen, Kiel und Hamburg bauen. Der Grieche wurde so zum Retter der deutschen Werften, die nach dem Krieg am Boden lagen. Mitte der 1950er Jahre entfiel mehr als die Hälfte des Auftragsbestandes der deutschen Werften auf den griechischen Großreeder.

Heute spielen deutsche Werften im Segment der Großfrachter keine Rolle mehr. Auch die griechischen Reeder bestellen ihre Schiffe in Fernost. Von 435 Aufträgen für Tanker kamen im vergangenen Jahr 113 von griechischen Unternehmen. Der Großteil ging an chinesische Werften. Aktuell beläuft sich der Auftragsbestand griechischer Schiffseigner auf 620 Neubauten. Davon werden 408, also zwei Drittel, auf chinesischen Werften gebaut. Bei den Massengutfrachtern, die griechische Reeder aktuell bestellt haben, beträgt der Anteil der chinesischen Werften fast 70 Prozent, bei den Tankern sind es nahezu 72 Prozent.

Chinesische Frachter sind kaum zu ersetzen

Die meisten griechischen Unternehmen verchartern ihre Schiffe an große Reedereien wie Cosco, OOCL, Hapag Lloyd, MSC und Maersk oder an die großen Öl-Multis wie Exxon Mobil, Shell und Chevron. Die Charterer sind es, die die geplanten Hafengebühren bezahlen müssten. Die griechischen Schiffseigner sind also nicht direkt betroffen. Indirekt aber schon: Es könnte in Zukunft schwieriger und weniger lukrativ werden, Schiffe aus chinesischer Produktion zu verchartern.

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Analysten zufolge würden die Strafgebühren den Transport eines Containers von Schanghai an die Westküste der USA je nach Schiffsgröße um 300 bis 500 US-Dollar verteuern. Das entspräche einem Aufschlag von 7,5 bis 12,5 Prozent auf die aktuellen Frachtraten.

Die US-Regierung wird voraussichtlich noch diese Woche über die Abgaben entscheiden. Dass Trump die Pläne der Handelsbehörde USTR eins zu eins umsetzt, gilt aber als unwahrscheinlich. Bei einer Anhörung Ende März sorgten sich große US-Unternehmen, dass die Strafgebühren die Lieferketten empfindlich stören könnten. Denn es gibt weltweit einfach nicht genug Frachter, um die Schiffe made in China zu ersetzen. Und die Werften in den USA haben gar nicht die Kapazitäten, um China als größte Schiffbaunation abzulösen.

Beobachter erwarten daher, dass die Gebühren gegenüber den ursprünglichen Plänen reduziert werden. Zumal es, wie bei Trumps Zöllen, einen Dominoeffekt geben wird: Die Charterer werden die Gebühren an die Importeure in den USA weitergeben, und die an den Handel. „Bezahlen müssen die Mehrkosten am Ende die amerikanischen Verbraucher“, sagt ein Branchenkenner in Piräus.

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