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Arbeitszeiten und Aktienrente

Sozialcheck: Alle wollen die stabile Rente

Moderator Ingo Heberlein (l.) vom Sozialverband Ostholstein führte durch den Abend mit Fleming Jensen (Volt) und Gazi Freitag (Grüne), Bettina Hagedorn (SPD), Tobias Maack (FDP), Sebastian Schmidt (CDU) und David Gutzeit (Freie Wähler). Sie sprachen über Themen, die vor allem Senioren beschäftigen.
Moderator Ingo Heberlein (l.) vom Sozialverband Ostholstein führte durch den Abend mit Fleming Jensen (Volt) und Gazi Freitag (Grüne), Bettina Hagedorn (SPD), Tobias Maack (FDP), Sebastian Schmidt (CDU) und David Gutzeit (Freie Wähler). Sie sprachen über Themen, die vor allem Senioren beschäftigen.

Neustadt. Hunderte mit hellbraunem Stoff bezogene Stühle stehen bereit. Der leuchtend blaue Vorhang in der Aula der Neustädter Jacob-Lienau-Gemeinschaftsschule ist geschlossen. Direkt vor der Bühne stehen vier Tische. Fünf Tage vor der Bundestagswahl am kommenden Sonntag will der Sozialverband Deutschland (SoVD) über sozialpolitische Themen sprechen. Mehr als zwei Stunden geht es um Renteneintrittsalter, Diäten für Politiker und Pflegeversicherung. Dabei wird deutlich: Der Unmut über soziale Ungerechtigkeit ist groß.

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Der Wahlkreis 9 umfasst Ostholstein, Reinfeld und Nordstormarn. Die Direktkandidatin Bettina Hagedorn (SPD) sowie die Direktkandidaten Sebastian Schmidt (CDU), Tobias Maack (FDP), Fleming Jensen (Volt) und David Gutzeit (Freie Wähler) wollen die Veranstaltung nutzen, Stimmen zu gewinnen. Ebenfalls mit dabei ist Gazi Freitag. Der Landesvorsitzende der Grünen vertritt Annette Granzin, die parallel bei einem Termin in Lensahn unterwegs ist. Melanie Arnold von Die Linke tauchte nicht auf und die AfD wurde gar nicht erst eingeladen.

Die Aula der Lienau-Schule in Neustadt war kaum besetzt. Lediglich gut 30 Zuhörende waren vor Ort.
Die Aula der Lienau-Schule in Neustadt war kaum besetzt. Lediglich gut 30 Zuhörende waren vor Ort.

Polizisten haben Wahlkampfveranstaltung im Blick

Stattdessen schauen zwei Polizisten vorbei. Elke Andresen, Vorsitzende des Oldenburger Ortsverbandes vom SoVD, fürchtet, dass Störer auftauchen könnten. Es passiert jedoch nichts. Generell ist an diesem Dienstagabend wenig los. Maximal 30 Menschen sind gekommen, viele von ihnen sind Angehörige sowie Mitarbeitende der geladenen Gäste.

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Moderator Ingo Heberlein, er ist Vorsitzender des ostholsteinischen Sozialverbands, bittet die Politiker zunächst, fünf Minuten lang ihren Standpunkt zu verschiedenen Bereichen klarzumachen. Sozialdemokratin Bettina Hagedorn darf loslegen. Sie wirbt damit, die Rentenbeiträge und das dazugehörige Niveau bis 2040 stabilisieren zu wollen. „Fakt ist, das Rentenpaket II liegt als Gesetz vor. Die finale Schlussabstimmung fehlt, da die Koalition geplatzt ist“, erklärt sie. Bezogen auf die Krankenversicherung sagt sie, dass das Beitragsniveau der privaten und gesetzlichen derzeit nicht fair sei.

CDU-Politiker Sebastian Schmidt spricht davon, die Rente verlässlich gestalten zu wollen. Zudem betont er, am Renteneintrittsalter festhalten zu wollen. Wirtschaftliches Wachstum werde zu höheren Renten führen. Weiter bezeichnet er die Rahmenbedingungen im Bereich Bauen und Wohnen als zu kostspielig. Er und seine Kollegen von den Christdemokraten würden bürokratische Hürden abbauen und Förderungen auf den Weg bringen. „Auch wollen wir die betriebliche Altersvorsorge fördern. Ich kann nur empfehlen, privat kleine Beiträge beiseitezulegen.“ Wie dies für Menschen mit geringem Einkommen möglich sein soll, sagt er nicht.

Tobias Maack (FDP) bezeichnet den demografischen Wandel als Ursache für die vorhandenen Schwierigkeiten, sprich für fehlendes Geld und daraus resultierende Probleme. Seine Partei wolle bezogen auf die Rente die Lasten auf alle Generationen verteilen. „Wir müssen über das Eintrittsalter nachdenken. Wir werden über Arbeitszeiten reden müssen“, sagt er. Weiter spricht er von der Einführung einer Aktienrente.

Startkapital für 18-Jährige

Fleming Jensen (Volt) will funktionierende Konzepte aus anderen europäischen Ländern übernehmen. Er plädiert mehrfach dafür, bestimmte Personengruppen nicht auszuschließen und gleiche Chancen für alle Menschen zu schaffen, unabhängig von der wirtschaftlichen Lage des Elternhauses. Die Zahl der Lehrkräfte müsse steigen, 18-Jährige sollten ein Startkapital für die Gründung von Start-ups oder für Investitionen in Aktienfonds erhalten, Arbeitslose schnellstmöglich Unterstützung und Weiterbildung.

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Gazi Freitag von den Grünen will ebenfalls eine Stabilisierung des Rentenniveaus und macht deutlich: „Wir würden die Rente gerne erhöhen. Aber das ist kaum finanzierbar.“ Ebenfalls spricht er sich dafür aus, die ambulante Pflege zu stärken und so Angehörige zu entlasten. Auch wolle er die Beantragung von Pflegestufen vereinfachen und am Renteneintrittsalter festhalten.

Der Kandidat der Freien Wähler, David Gutzeit, äußert sich ähnlich. „Pflegende Personen müssen 40 Prozent der Zeit damit verbringen, irgendwelche Verträge auszufüllen. Der Bürokratie-Wahnsinn muss weg“, sagt er. Zugleich fordert er eine Deckelung der Beiträge für die Pflegeversicherung und will eine Bau-Offensive, um Existenzen zu sichern und Fachkräfte in ländlichen Regionen zu halten.

Dann ist die erste Runde geschafft. Es folgen Fragen aus dem Publikum. Heinz Ahlers aus Altenkrempe will wissen, warum es nicht möglich ist, dass jeder in die Rentenkasse einzahlt. Hagedorn sagt, dass Grüne und SPD genau dies wollen, CDU und FDP dies aber seit Jahren blockierten. Auch geht es um den Mindestlohn, die Bezahlung von Politikern (Diäten) und die Forderung, dass Rentner auch einen Inflationsausgleich bekommen müssten. Doch genau dies hält keiner der Anwesenden für richtig und bezahlbar.

LN