Mütterrente III kommt erst 2028: Das sind die Hintergründe

Rund 10 Millionen Frauen, die vor 1992 Kinder bekommen haben, warten auf die von der Bundesregierung angekündigte Mütterrente III. Denn das Gesetz verschafft ihnen ganz konkret mehr Rente: Pro Kind bekommen sie einen halben Rentenpunkt zusätzlich gutgeschrieben, das sind nach derzeitigem Stand rund 20 Euro Rente pro Monat mehr. Doch die erste Auszahlung werden Mütter erst 2028 bekommen, so jedenfalls steht es im Gesetzentwurf des Bundessozialministeriums, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
Der Grund liegt bei der Deutschen Rentenversicherung, die nach eigenen Angaben rund zwei Jahre braucht, um die Rentenanpassung technisch umzusetzen. Die Vorsitzende des Bundesvorstands der Deutschen Rentenversicherung, Anja Piel, versuchte es kürzlich so zu erklären: „Bei der zur Umsetzung notwendigen Programmierung kann nicht auf die Programmierungen der bereits umgesetzten Mütterrenten I und II zurückgegriffen werden. Das liegt daran, dass es in den letzten Jahren mehrere Gesetzesänderungen gegeben hat, die es jetzt neu zu berücksichtigen gilt.“

Wichtige Fragen und Antworten zur Mütterrente III
Die neue Regierung will die Mütterrente angleichen, sodass künftig alle Eltern pro Kind drei Rentenpunkte bekommen. Wen betrifft das? Und ist ein neuer Antrag nötig? Fragen und Antworten im Überblick.
Kompliziert ist dabei offenbar vor allem, dass die Mütterrente III rund zehn Millionen bestehende Rentenkonten betrifft. Je nach Datum des Renteneintritts greifen bei der Rentenberechnung unterschiedliche gesetzliche Grundlagen, was die Arbeit der Programmierer erheblich erschwert. Einfacher ist es für die Rentenversicherung, eine Anpassung für die Zukunft umzusetzen.
Im nun vorliegenden Gesetzentwurf ist entsprechend erst ab 2028 eine jährliche zusätzliche Aufwendung von 5 Milliarden Euro eingeplant, die die Mütterrente III den Steuerzahler kosten wird.
„Bei der Mütterrente müssen schnellere Lösungen her, als die, die gerade im Raum stehen.“
Verena Bentele, Präsidentin des größten deutschen Sozialverbands VdK
Das stößt bei vielen auf Unverständnis. So fordert Verena Bentele, Präsidentin des größten deutschen Sozialverbands VdK im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland: „Bei der Mütterrente müssen schnellere Lösungen her, als die, die gerade im Raum stehen.“ Sie kündigte an, der VdK werde in den kommenden Wochen in Gesprächen mit dem Ministerium und der Rentenversicherung Möglichkeiten für eine bürokratiearme Umsetzung ausloten. „Wir denken hier an Frauen mit sehr kleinen Renten, die schnell Verbesserungen benötigen“, so Bentele.
Auch in der CSU, die sich in den Koalitionsverhandlungen für die Mütterrente III stark gemacht hatte, sorgt die Verspätung für Verärgerung: „Es ist niemandem zu erklären, warum die Rentenversicherung für die technische Umsetzung eines Gesetzes zwei Jahre braucht“, sagt der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek. Er forderte, Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) müsse dem „Verwaltungsapparat“ Tempo machen. „Verzögerungstaktiken auf dem Rücken von Millionen Frauen in unserem Land werden wir nicht dulden.“
Rückwirkende Auszahlung würde erhebliche Probleme verursachen
Der Idee, die Mütterrente III 2028 für zwei Jahre rückwirkend auszuzahlen, erteilte die Deutsche Rentenversicherung eine Absage. Das würde zu „erheblichen Problemen“ führen, so Piel. „In diesem Fall müssten alle Sozialleistungen, zu denen Wechselwirkungen bestehen, ebenfalls neu berechnet werden.“
Ein Beispiel: Bekommt eine Frau Witwenrente, hängt deren Höhe von ihrer eigenen Altersrente ab. Würde die Mütterrente III rückwirkend gezahlt, müssten im Gegenzug Leistungen aus der Witwenrente zurückgefordert werden. Ähnlich ist es bei Rentnerinnen, die gleichzeitig Sozialleistungen wie Wohngeld erhalten.
Eltern werden gleichgestellt
Von der Mütterrente III profitieren Frauen – und seltener auch Männer, die vor 1992 Eltern geworden sind. Bisher erhalten sie nur 2,5 Rentenpunkte pro Kind für die Kindererziehung. In Zukunft sollen es drei Rentenpunkte sein – und damit genauso viele wie Eltern, deren Kinder nach 1992 geboren wurden. Ein Rentenpunkt entspricht ab 1. Juli einer Rente von 40,79 Euro im Monat.
Mit der Angleichung will die Bundesregierung ältere Mütter wertschätzen, die oftmals viele Jahre auf einen Vollzeitjob und damit Rentenanwartschaften verzichten mussten, weil es vor 1992 eine im Vergleich zu heute deutlich schlechtere Kinderbetreuung gab.
Gesetz soll noch 2025 verabschiedet werden
Der Gesetzentwurf zum Rentenpaket 2025 soll noch diesen Sommer vom Kabinett beschlossen und anschließend in Bundestag und Bundesrat beraten werden. Das Gesetzgebungsverfahren soll nach dem Willen der Bundesregierung noch in diesem Jahr abgeschlossen werden, auch damit die Deutsche Rentenversicherung mit der nötigen Umprogrammierung ihrer Systeme beginnen kann.
Die Reform ist innerhalb der Regierungskoalition weitgehend unumstritten, Kritik gibt es aber aus der Wirtschaft. So forderte Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger kürzlich, der weitere Ausbau der Mütterrente sollte allein schon wegen der hohen Kosten unterbleiben. Anders als behauptet, schließe die Mütterrente III auch keine Gerechtigkeitslücke. „Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Mütter, deren Kinder vor 1992 geboren sind, werden künftig gegenüber allen anderen Müttern bevorzugt, weil sie neben der vollen Mütterrente auch noch von anderen Rentenvorteilen profitieren, die inzwischen längst abgeschafft sind“, sagte Dulger.



