Russlandaffäre: Ermittler durchsuchen erneut Büros im EU-Parlament

Ermittler haben in der Affäre um russische Einflussnahme am Mittwoch erneut im EU-Parlament Räume durchsucht. „Die Durchsuchungen erfolgten im Rahmen eines Falles von Einflussnahme, passiver Bestechung und Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation“, teilte die belgische Staatsanwaltschaft am Mittwoch in Brüssel mit.
Demnach durchkämmten die belgischen Behörden die Wohnung eines Mitarbeiters des EU-Parlament im Brüsseler Stadtteil Schaerbeek und das Büro im Europaparlament in Belgiens Hauptstadt, französische Behörden durchsuchten die Räumlichkeiten am Sitz des Parlaments in Straßburg. Zuerst hatte der „Spiegel“ und die belgische Tageszeitung „De Tijd“ berichtet.

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Demnach soll es sich dabei um das Büro eines ehemaligen Mitarbeiters des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah handeln, der mittlerweile für den rechtspopulistischen niederländischen Abgeordneten Marcel de Graaff im Brüsseler EU-Parlament tätig ist.
Krah bestätigte diese Information. „Weil es missverstanden wird: Es gab heute keine Durchsuchung in einem Büro, das zu mir gehört. Der betroffene Ex-Mitarbeiter arbeitet längst für einen anderen Abgeordneten“, schrieb der AfD-Politiker auf X (ehemals Twitter).
Bei dem Mitarbeiter soll es sich den Berichten zufolge um Guillaume P. handeln, der auch in die Affäre um einen Parlamentsausweis für einen mutmaßlichen Spion für Russland verstrickt war.
Die Razzien in Frankreich und Belgien stehen offenbar im Zusammenhang mit der Affäre um das prorussische Nachrichtenportal „Voice of Europe“ (VoE). Tschechische Behörden hatten das in Prag ansässige Unternehmen Ende März mit Sanktionen belegt, da es im Verdacht steht, von Moskau gesteuert zu sein, um Einfluss auf die europäische Politik auszuüben.
Es gebe Hinweise auf eine russische Einflussnahme, wonach Mitglieder des Europäischen Parlaments angesprochen und bezahlt wurden, um über die Webseite russische Propaganda zu fördern, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit.
Die Durchsuchung kommt für de Graaf überraschend
Marcel de Graaff zeigte sich überrascht von Durchsuchungen der Räume seines Mitarbeiters. Durch die Medien habe er von den Durchsuchungen in der Wohnung und des Büros seines Mitarbeiters erfahren, schrieb der niederländische Abgeordnete am Mittwoch auf der Plattform X. „Ich habe mit meinem Mitarbeiter gesprochen und er war darüber nicht informiert. Die Behörden haben weder mich noch ihn kontaktiert. Für mich kommt das alles völlig überraschend“, schrieb der fraktionslose Abgeordnete weiter. Der Mitarbeiter war früher auch für den AfD-Abgeordneten Maximilian Krah tätig. Anzeichen deuteten darauf hin, dass der Mitarbeiter des Parlaments eine wichtige Rolle in der Affäre um die prorussische Internetplattform „Voice of Europe“ gespielt habe, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
De Graaff stritt eine Beteiligung an „einer sogenannten russischen Desinformationsoperation“ vehement ab. „Ich habe meine eigenen politischen Überzeugungen und ich verkünde sie. Das ist meine Aufgabe als Europaabgeordneter“, schrieb er auf X. „Soweit ich das beurteilen kann, scheint sich dieses Vorgehen der Behörden vor allem gegen die AfD zu richten, aus Angst vor einem guten Wahlergebnis.“
„Voice of Europe“ als Propaganda-Kanal des Kremls?
Nach Überzeugung der tschechischen Regierung soll VoE dazu gedient haben, russische Propaganda im Sinne des Kremls zu verbreiten und russlandfreundliche Kandidaten zur Europawahl zu unterstützen. Als Hintermann des Medienunternehmens gilt Wiktor Medwedtschuk, ein enger Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Auf der Plattform waren immer wieder Interviews mit verschiedenen rechtspopulistischen und rechtsextremistischen Europapolitikern erschienen. Darunter auch Interviews mit dem AfD-Spitzenkandidaten zur Europawahl, Maximilian Krah, und dem AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron, der auf Listenplatz zwei steht.
Beide Politiker sind seit Wochen wegen möglicher Verbindungen zu prorussischen Netzwerken in den Schlagzeilen, haben aber bisher vehement bestritten, Geld aus Russland erhalten zu haben. Der Bundestag hatte die Immunität von Bystron Mitte Mai aufgehoben, weil die Generalstaatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und der Geldwäsche gegen ihn ermittelt.
RND/lau


